Prunksitzung 2020: Kernige Büttenreden und tolle Tanz- und Musikauftritte begeisterten die Fastnachter

Die „gute Stube“ war proppenvoll: Als die Prunksitzung der Karnevalsgesellschaft Blau-Rot Malsch pünktlich um 19.11 Uhr in der Letzenberghalle startete, hatten sich über 550 Fans der guten Laune eingefunden. Sie sollten eine vergnügliche Mischung aus musikalischen Beiträgen, kernigen Büttenreden und phantasievollen Tanzeinlagen erleben.

 

Als sich der Vorhang an der Bühne hob, wurde eine altertümliche Sirene lautstark mit einer Handkurbel in Gang gesetzt, um den Auftritt der „Malschebäja Milidärkabell“ anzukündigen. Die Jungs, in kriegerischen Outfit daher kommend, träumten mal wieder von einer Machtübernahme. Sie hatten allerdings die Rechnung ohne Sitzungspräsident Alexander Erhard gemacht, der den mutigen Buschen den Zahn ziehen konnte. „Ihr Malschebäja Lusche, packt eure Sachen und macht euch auf die Socke“, konterte er den untauglichen Versuch, die Veranstaltung zu „sprengen“.

 

Nach der erfolgreichen Vertreibung bezog der Elferrat Position, das Prinzenpaar Nadine I. und Julian I. wurde würdig begrüßt, doch dann gab es gleich das nächste Problem. „Wir brauchen einen neuen Zeremonienmeister“, blickte Erhard hilflos in die Runde, hatte doch der bisherige Amtsinhaber seinen Job an den närrischen Nagel gehängt. Felix Erhard, Spross des Sitzungspräsidenten, bot mit unüberhörbarem Selbstbewusstsein seine Dienste für diese Position in der Bütt an. Bereits bei der Proklamation im November hatte er seine Feuertaufe bestanden. Mit Sprüchen wie „Ihr braucht frisches Blut“ und „Ich bin der coolste Zeremonienmeister“ pries er seine Vorzüge an. „Du kannst ja kein Mälscher Dialekt“, beendete der gestrenge Vater den Auftritt des 15-Jährigen, als dieser versuchte, das Karnevalslied der KaGe in Hochdeutsch zu trällern. Neuer Zeremonienmeister wurde flugs Niklas Behnke, der mit einem einzigen Satz seine Mälscher Herkunft nicht leugnen konnte. Wie „Nix wie in die Gurgel nei“ richtig klingt, stellte dann Manfred Emmerich unter Beweis.

 

Nach der Begrüßung der Ehrengäste wurde Bürgermeisterin Sibylle Würfel freundlich aufgefordert, doch bitte den Rathausschlüssel kampflos bis zum Aschermittwoch zu übergeben. Verkleidet als Maus und mit einem T-Shirt, das mit dem Euro-Zeichen verziert war, gab sie den guten Rat: „Ihr müsst die Mäuse pflegen, die brauchen wir hier in Malsch, um alle anstehenden Aufgaben auch finanzieren zu können.“

 

Das Prinzenpaar bezog sich in seiner umfangreichen Regierungserklärung auf das „FGB“, das Fastnachts-Gesetzbuch. Darin finden sich Regelungen wie: „Beim Umzug müssen die Musikanlagen per Tretkraft betrieben werden und zur Unterstützung stehen dabei jeweils zwei bis vier Helfer aus Malschenberg zur Verfügung, denn wir wollen klimaneutral auftreten.“ Ein Bußgeld in Form einer Schorle sollte bei unangebrachten Beschwerden verhängt werden und zudem müsse man einen Shuttleservice einrichten, um ehemalige Mälscher wieder in die Heimat bugsieren zu können. Die Letzenbergstare sangen dann ein Loblied auf das Paar und boten auch der Prinzengarde, die in diesem Jahr ihr 66-jähriges Bestehen feiert, ein Ständchen dar.

 

Die Prinzengarde wirbelte mit viel Tempo und Akrobatik über die Bühne. Später war das Mädchenballett an der Reihe, das als Küken auftretend frei nach dem Motto „alle Entchen sind schon da“ in putzigen Gewändern die Besucherschar begeisterte. Und nach der Pause wehte ein Hauch von Baywatch durch den Saal, als das Showballett in knappem, rotem Rettungsoutfit begeisterte. Um kleine Diebe ging es beim als Bankräuber verkleideten Jugendballett. Alle Garden, von ihren Trainerinnen bestens vorbereitet, kamen um eine Zugabe nicht herum und erwiesen sich einmal mehr als Aushängeschilder der Karnevalsgesellschaft. Natürlich durfte das Männerballett nicht fehlen, das als Drag Queens Schmissiges auf die Bretter legte.

 

Von seinen Leiden als Stallknecht wusste Klaus Adler zu berichten. Um den überflüssigen Pfunden seiner Angetrauten den Kampf anzusagen, hatte er den Vorschlag unterbreitet, einen „Gaul anzuschaffen“. Dies jedoch mit ungeahnten Folgen. „Ich muss mich jetzt um alles kümmern“, bejammerte er sein Schicksal, zeigte jedoch auch Mitleid mit dem Pferd, das „Übergewichtiges“ zu tragen habe. Und der Sattel wurde gar zunächst auf ihm selbst „ausprobiert“.

 

Dr. Matthias Melich, bekannt für seine politischen Reden, mit spitzer Feder zusammengetragen, erlebte diesmal eine Art Waterloo. Bevor er loslegen konnte, wurde er von einem putzigen Gesellen unterbrochen, der aus der Versenkung erschien und fortan die linke Hand des Redners zierte. Mit frechen Einwürfen „zwang“ er Melich, sich als technisch perfekter Bauchredner zu profilieren und dem kleinen Frechdachs die Show zu überlassen. „Alles Lügner und Feiglinge“ wurde da in Richtung Elferrat gewettert, Melich selbst wurde als „Redenklau“ bezeichnet und auch der eine oder andere Ausflug in die Politik durfte nicht fehlen.

 

Leichter hatte es da schon Ehrenpräsident Dieter Renninger, der sich in der Bütt als Fastnachtsmuffel den Frust von der Seele redete. „Ich hab‘ von der Fassenacht die Schnauze voll“, wetterte er los. Das ganze Getue hänge im zum Hals raus. Und er könne kein Helau mehr hören. Doch der Schreck, der den Besuchern bei den Ausführungen in die Glieder gefahren war, sollte sich bald in Nichts auflösen. Renninger machte am Ende eine Kehrtwendung, denn es hatte spätestens zu Weihnachten wieder zu kribbeln angefangen: „Ich habe die Schnauze längst noch nicht voll.“ Das Finale in der Bütt kam von Hiltrud und Karlheinz (Tanja Ungerer und Michael Grusewitz), die vergeblich versuchten, als „Malschebäja Prinzenpaar“ die Macht zu übernehmen.

 

Im großen musikalischen Block brillierten die Letzenbergstare, diesmal als bunte Ansammlung von Topfpflanzen erschienen, auch ein Schmetterling und eine Biene tummelten sich auf der Bühne. Da gab es tiefgründige Eindrücke sowohl in das Gärtnerleben als auch in die Seelen von Veilchen, Enzian und Schneeglöckchen, gewürzt mit viel Spitzfindigkeit und Ausflügen in die eindeutige Zweideutigkeit. Musikalisch mit dabei auch das Prinzenpaar, das gemeinsam mit dem Musikverein Konkordia flotte Ständchen bot. Und gegen Ende wurde die „Milidärkabell“ von Erhard begnadigt. Die „Malschebäja“ brachten nochmals Schwung in die Bude, nicht ohne Spitzfindigkeiten in Richtung der Mälscher loszulassen, und erbrachten den Beweis, dass laut auch durchaus schön sein kann.

 

(aus der RNZ entnommen)

 

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