Von den Mälschern können sich die Mächtigen in Berlin eine Scheibe abschneiden: Während dort zwecks Regierungsbildung endlos sondiert, getagt und verhandelt wird, ist man am Letzenberg schon weiter. Hier hat am Samstag in der voll besetzten Letzenberghalle die „blau-rote Koalition“ das närrische Regiment übernommen. Und wenn die Regierungsmannschaft der KaGe mit Konrad Becker an der Spitze so weiter macht, wie sie an diesem mitreißenden Abend begonnen hat, dann bleibt bis Aschermittwoch wahrlich kein Auge trocken.
Dass Malsch eine Faschingshochburg sondergleichen ist, das wurde an diesem Abend einmal mehr unter Beweis gestellt – von den über 500 bestens gelaunten Besuchern in der bis auf den letzten Platz gefüllten Halle ebenso wie von den rund 100 Aktiven, die auf der Bühne und in der Bütt ein karnevalistisches Feuerwerk zündeten, das des besonderen Anlasses würdig war: 66 Jahre wird die KaGe Blau-Rot Malsch in diesem Jahr alt und sie feierte dieses närrische Jubiläum standesgemäß. Angeführt wurden die Jecken dabei von Sitzungspräsident Alexander Erhard, einem Zeremonienmeister der Extraklasse, der schlagfertig und mit unnachahmlichen Wortwitz durch die fünfstündige Prunksitzung führte. Das Motto dafür gab Sänger Manfred Emmerich mit der Mälscher Karnevalshymne vor: „Nix wie in die Gurgel noi, den Letzeberger Sunneschoi.“
Dann war in Malsch „Machtwechsel“ angesagt: Bürgermeisterin Sibylle Würfel gab ohne viel Federlesens den Rathausschlüssel ab („das ist immer noch besser als den Löffel“, meinte trocken Sitzungspräsident Erhard) und empfing zum Trost gemeinsam mit Ehrenbürger und Altbürgermeister Werner Knopf den Jubiläumsorden. Dass nun ein anderer Wind weht, machte die Regierungserklärung des Prinzenpaars deutlich. Marisa II. und Daniel I. haben ehrgeizige Pläne: So soll der Zehntkeller zum Spa- und Wellness-Tempel umfunktioniert werden, in dem Ehrenpräsident Dieter Renninger „die Lachmuskeln massiert“. Das Fastnachts-Urgestein hatte zuvor bereits die nagelneue Jubiläumsstandarte in die „Narrhalla“ getragen und will sich damit auf seine alten Tage einen „großen Traum“ erfüllen: endlich mal am Fastnachtssonntag mit einer Fahne in die Kirche gehen.
Danach hatte eine andere Institution der „Mälscher Fassenacht“ ihren ersten großen Auftritt (dem später ein noch größerer folgen sollte): Die Letzenbergstare schmetterten aus voller Kehle ein Geburtstagsständchen für die KaGe („sechs mal elf Jahre Narretei, besser kann es gar net sei“) und ein Hohelied auf das Prinzenpaar. Den „Taktstock“ führte dabei Gerold Emmerich; Manfred Emmerich und Joachim Bride begleiteten perfekt an Klavier und Schlagzeug. Alle zusammen machten sie klar, warum der Star zum „Vogel des Jahres“ gekürt wurde.
Jetzt war es Zeit für die erste Bütt, mit der Nachwuchstalent Fabian Koch endgültig das Eis brach. Als vielversprechender Maler-Azubi nimmt er den Auftrag des Fensterstreichens allzu wörtlich und sorgt auch sonst für Furore: etwa als Fahrschüler, der einen Geisterfahrer überholt. Darauf gab’s ein dreifach-kräftiges Helau. Nicht ohne Zugabe durfte danach die Prinzengarde von der Bühne, die mit ihrem mitreißenden Tanz fürwahr eine „tolle Schau“ bot (Einstudierung Lisa Brucker und Stefanie Keilbach).
Herrschte hier das blühende Leben, so war Klaus Adler als eingebildeter Kranker von Kummer geplagt: „Im ganzen Saal an jedem Tisch, sitzt niemand, der so krank wie ich“, jammerte er und erzählte zum Gaudium des Publikums einen Schwank um den anderen aus dem Leben eines „Simulanten“, der beispielsweise mit den Folgen eines Bohnengerichts kämpft: „Ein Orkan mit Wind und Regen, glaub mir, der ist nichts dagegen.“
Das herzallerliebste Mädchenballet mit seinen Lollipops (trainiert von Michaela Eisend und Carina Becker) war danach die zauberhafte Einstimmung auf einen ersten Höhepunkt: die politische Büttenrede des neuen „Kanzler-Man“ Dr. Matthias Melich. Was die Stunde geschlagen hatte, machte schon die Eingangsmusik deutlich: Das Deutschlandlied ging da ganz unvermittelt über in „Highway to hell“ und dann brannte der „Kanzler-Man“ unter tätiger Mithilfe des Publikums ein wahres Pointen-Feuerwerk ab, frei nach dem Motto: „Party ab und raus die Kohle, dann kann der Trump auch nix mehr hole.“ Alle bekamen sie dabei ihr Fett ab und am Ende stand die Einsicht: „Grüne, Gelbe, Schwarze, Rote – ich schmeiß sie raus, alles Idiote“.
Wer glaubte, dass dies kaum zu toppen sei, der hatte nicht mit der „Militärkapelle“ gerechnet. Die vermeintlichen Malschenberger (in Wahrheit Mälscher Jungs um den 3. Präsidenten Simon Schönhoff) starteten einen Frontalangriff auf das Zwerchfell und bliesen den Mälschern ordentlich (und musikalisch gekonnt) den Marsch. Da kam wirklich alles aufs Tapet – von den verdorrten Sonnenblumen auf dem Gemeindegrundstück an der oberen Hauptstraße bis zum Kindergartenparkplatz, für dessen Fertigstellung man in Malsch über ein Jahr brauchte (immerhin ging es schneller als beim Berliner Flughafen, hatte eingangs Bürgermeisterin Würfel in ihrer „Abschiedsrede“ schmunzelnd gekontert). Egal, was die „Militärkapelle“ auch auftischte, jeder Gag zündete, das Publikum stand kopf und der Saal kochte. Da war eine Zugabe fällig, auch wenn die „Malschenberger“ normalerweise „nix zugewe“, wie Sitzungspräsident Erhard augenzwinkernd lästerte.
Wie gut, dass nach diesem Knüller Pause war und sich die Lachmuskeln ein wenig erholen konnten. Denn sie wurden weiter mächtig strapaziert. Ein Augen- und Ohrenschmaus vom Feinsten war der zweite Auftritt der Letzenbergstare, die vor der Fleischtheke der „Metzgerei Schlemmer“ Schlange standen, um sich von „Conchita Wurst“ bedienen zu lassen und dabei einen musikalisch-kulinarischen Rundumschlag zu starten: Wenn aus dem Schlager „Volare“ „Rollade“ wird und der Rolling-Stones-Hit „Angie“ zu „Hähnche, halbs Hähnche“ mutiert, dann kann man die närrische Wirkung kaum beschreiben, man muss sie erleben: Das Publikum jedenfalls jauchzte vor Vergnügen.
Überhaupt zog sich das Metzgerhandwerk wie ein roter Faden durchs Programm, was sicher auch etwas mit dem aktuellen Prinzenpaar zu tun hat: Marisa heißt und Daniel ist Metzger – ein „Metzger-Doppelpack“ also. Da passte es gut, dass auch Altmeister Dieter Renninger in diese Rolle schlüpfte und einen Fleischer gab, dessen Frikadellen „sogar der Papst an Karfreitag essen darf“: „Wenn des rauskommt, was do noi kummt, dann kumsch noi, dass nimmi rauskumsch.“
Zwischendurch bot Ulrike Ehrenberger als „Frau mit Witz und Charme“ köstlichen Kokolores nach dem Motto „Der Witz ist oft das Loch, aus dem die Wahrheit pfeift“. Ein Beispiel gefällig: Als betagte Wählerin entscheidet sie sich für die Briefwahl – „wegen ihres gestörten Verhältnisses zur Urne“. Die Lacher auf seiner Seite hatte auch Michael Gruschwitz als bestens integrierter „Mälscher Türke“ Ali, der in vielen Vereinen aktiv ist (mit den Anglern geht es zum „Wurmbaden“ an den Rhein) und auch bei der KaGe Ambitionen hat. Als Präsident würde er allerdings die Garde durch eine Bauchtanzgruppe ersetzen.
Apropos Garde: Die verschiedenen Tanzformationen der KaGe glänzten immer wieder mit ebenso farbenprächtigen wie akrobatischen Darbietungen: das Jugendballett als muntere Pierrots und Harlekins (Trainerinnen Alexandra Becker und Carolin Heinzmann); das Showballett als James-Bond-Girls im Gold-Lametta-Regen (Tamara Lenhard und Luisa Gänzler); und zum krönenden Abschluss das Männerballett, das einen unnachahmlichen Can-Can aufs Parkett zauberte (Melanie Reuter und Marisa Metzger). Sie alle durften ohne Zugabe nicht von der Bühne. Und dort versammelten sich zum großen Finale alle Aktiven (allesamt Mälscher Eigengewächse) und stimmten zu den Klängen der Hausband „Smile“ (auch sie ist schon 22 Jahre mit dabei) ein Lied an, das alle im Saal aus voller Überzeugung mitsangen: „So ein Tag, so wunderschön wie heute“.
(aus der RNZ entnommen)
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