Akteure badeten im langen Applaus - große Prunksitzung der KaGe                                                   mit über fünf Stunden Programm

„Er kriegt von uns ein letztes Bier und dann ab in den Ruhestand, zum Balaton.“ Die Narren haben in Malsch das Regiment übernommen und Bürgermeister Werner Knopf den Rathausschlüssel abgeknöpft. Das verkündete Sitzungspräsident Dieter Renninger zu Beginn der Prunksitzung der KaGe Blau-Rot. Den gut gelaunten Zuschauern in der voll besetzten Letzenberghalle versprach er „das beste Programm weit und breit“ – und über fünf Stunden ausgelassener Heiterkeit folgten.


Zu Beginn sang Manfred Emmerich von den Letzenbergstaren den „Fastnachtsschlager“ und den schwungvollen Auftakt machte die Prinzengarde mit ihrem Gardetanz, bei dem sie stolz ihre schmucken neuen Kostüme zeigte. Später präsentierte das Mädchenballett seinen Showtanz und das Männerballett hatte als „Burleske Showgirls“ die Lacher auf seiner Seite.


Anlässlich des 60-jährigen Bestehens der KaGe Blau-Rot wurde ein „Jubiläumsballett“ aus aktuellen und ehemaligen Tänzerinnen der Prinzengarde gebildet, die als kesse „Polizistinnen“ begeisterten. Rasante Akrobatik boten die Turner vom Malscher Kraftsportverein KSV. In schicker Feinripp-Unterwäsche bauten sie gleich drei Mal spektakuläre menschliche Pyramiden.


„Werner Bride und Anhang“, ein Querschnitt durch die Malscher Umzugswagenbauer, hatten eine urkomische Choreografie auf Lager, gebildet aus typischen Gesten unter anderem von Umzugskommandeur und Gardetänzerin. Nicht fehlen durften natürlich die Letzenbergstare, die in schräger Kostümierung und mit eigenen Texten – lustig und gern mal unter der Gürtellinie – zu Melodien von Queen, Abba oder Lady Gaga begeisterten. Schmissig umrahmt wurde das Programm wie gewohnt von der „Smile-Band“, die schnell reagierte und bei derberen Sprüchen schon mal ein „Ui ui ui“ erklingen ließ, zu Schunkelrunden einlud und später zum Tanz aufspielte.


„Schwingt das Tanzbein und habt Spaß“, wünschte Bürgermeister Knopf eingangs und blickte in Reimen aufs Jahr zurück. In der großen Politik, gerade im Krisenmanagement, „wurde wieder viel Mist gemacht“, meinte er und wandte den Blick lieber auf den lokalen Bereich. Sehr schön war für ihn der Besuch mit dem Gemeinderat in der ungarischen Partnerstadt Zamárdi: „Seitdem ist der Streit im Rat harmonisch.“ Gerade beim Rennen mit den Kofferwagen durchs Hotel hatten alle viel Spaß, bis „Rüdiger Bös auf der Schnauze lag“ und einen Zahn verlor.


In der Regierungserklärung nahm das Malscher Prinzenpaar Tamara I. und Klaus III. ideenreich das Ortsgeschehen auf die Schippe. Sie machten sich über das Gebaren von Neubürgern lustig, die sich wegen „Fluglärm der Segelflieger“, Glockenläuten und „Friedhofslärm“ beschwert hätten. Für das sanierte Malscher Hallenbad hatten sie einige Vorschläge: „Montags ist FKK für alle Altersklassen“ beispielsweise oder „Mittwochs kann man mit den KSV-Ringern baden“; aber: „Am Wochenende ist das Bad nur fürs Prinzenpaar“.


Zum ersten Mal in die Bütt trat Gemeinderat Hans-Peter Haußmann von den Freien Wählern als Schönheitschirurg. Seine hauptsächliche Arbeit erklärte er so: „Ich leb von der anderen Leut ihrem Speck.“ Nach einem VHS-Kurs in Psychologie fühlte er sich auch berufen, zu erklären: „Frauen sind wie Computer. Jeder kleinste Fehler wird langfristig gespeichert.“ Aber auch: „Männer sind wie Computer: Sie können nicht selbstständig denken und kaum hat man sich für ein Modell entschieden, kommt schon das nächste auf den Markt.“


„Rentner sein, die Pill muss Mann oder Frau erst schlucke.“ Das karnevalistische Urgestein Ulrike Ehrenberger klagte in der Bütt ihr Leid. Endlich pensioniert, sollte das Leben ihres Mannes eigentlich erst losgehen. Doch nun sei er bei Nachmittagstalkshow und Kreuzworträtsel hängen geblieben, treffe sich täglich mit dem übrigen „Krampfaderngeschwader“ beim Holzzuschnitt im Baumarkt. Er gehe öfter zum Doktor, um jemand anderen zum Reden zu haben. Der weigere sich aber, seine Prostata zu behandeln: „‘Rentner hätten genug Zeit‘, sagte er.“ Zum Abschluss wandte Ulrike Ehrenberger sich gegen Mutlosigkeit im Alter: „Auch mit 67 kann man noch viel bewegen.“


Aus Sicht eines närrischen Politikwissenschaftlers schilderte „Dr. Notorius Nörgel“ alias Matthias Melich das vergangene „Krisenjahr“. Das Publikum, hellwach und geistesgegenwärtig, vervollständige seine Reime prompt. Euro, „Wulffs Privatkredit“, Stuttgart 21, Melich sparte kein Reizthema aus. Auch gegen einzelne Politiker, allen voran Kanzlerin Merkel, verteilte er Seitenhiebe und schloss: „Die gehören alle auf den Mond geschossen.“ Zur Lösung der Schuldenkrise schlug Matthias Melich die „Bischofsformel“ vor, die der Umstrukturierung der Seelsorgeeinheiten Rauenberg und Mühlhausen zugrunde liege, von der ja auch Malschs katholische Pfarrgemeinde betroffen ist. „Ein Pfarrer für eine Seelsorgeeinheit“ war zu teuer, so Melich, jetzt seien es zwei für zwei Seelsorgeeinheiten, „die sich die Hälfte der doppelten Arbeit teilen. Das ist die Rettung aus der Eurokrise!“


„Ich hab einen Simpel ohnegleichen!“ Das habe seine Frau entsetzt geschrien, erzählte Klaus Adler, der als schusseliger Heimwerker in die Bütt trat. Er erzählte Anekdoten aus dem Ortsgeschehen, so schilderte er, wie Elferrat Andreas Stroh sein Handy beim Pflastern seines Stellplatzes mitvergrub. Die ganze Nacht habe er sich selbst angerufen, das Ohr am Boden, um es wieder aufzuspüren, ohne Erfolg.


Richard Brucker und Dieter Renninger boten in ihrem Sketch, als Clowns verkleidet, freche und absurde Späße. So erzählte Renninger von seiner sechswöchigen Kur in „Berchtesgaden an der Ostsee“. Um abzunehmen, standen „Skifahren ohne Ski“ (Nordic Walking) und „Radfahren ohne Räder“ auf dem Programm. Brucker verulkte die Rathaus-Mitarbeiter: „Die müsse nix schaffe, die haben einen guten Chef.“ Sogar Papiertaschentücher wurden verboten, „weil ‚Tempo‘ druffsteht“.


Das Publikum war von Anfang an hellauf begeistert und sparte nicht mit Beifall. Von jedem der Akteure wurde eine Zugabe gefordert. Zum großen Finale, nach einem letzten Lied von Letzenbergstaren und „Smile-Band“, kamen noch einmal alle auf die Bühne und badeten im lauten Jubel und anhaltendem Applaus.


Aus der RNZ entnommen (Sebastian Lerche)

 

 

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