Nein, es stand nicht die Übertragung eines WM-Finales mit deutscher Beteiligung auf dem Programm, sondern die Prunksitzung der Karnevalsgesellschaft Blau-Rot Malsch. Die Straßen leer gefegt, hastende, lustig gewandete Gruppen kurz vor 19 Uhr unterwegs in die Letzenberghalle, mit begehrten Eintrittskarten im Handgepäck und froher Erwartung.
Für Kurzentschlossene keine Chance mehr, einen der karnevalistischen Höhepunkte mitzuerleben, denn längst musste „ausverkauft“ vermeldet werden. All jene, die sich bereits im Vorfeld die begehrten Eintrittskarten sichern konnten, wurden – mal wieder – nicht enttäuscht.
Lustiges und Hintergründiges in der Bütt, schmissige Tanzdarbietungen der unterschiedlichen Formationen, ein sehens- und hörenswerter Auftritt der stimmgewaltigen Platzhirsche, der „Letzenbergstare“, dazwischen Schunkellieder und ein ja schon fast ohrenbetäubender Besuch der Guggemusiker aus Kronau waren die kurzweiligen und unterhaltsamen Schwerpunkte des fünfstündigen Programms.
Begonnen hatte es mit dem Einzug des Elferrates mit Sitzungspräsident Dieter Renninger an der Spitze. Der vitale Entertainer der Rot-Blauen „zwang“ dann, nach der obligatorischen Begrüßung der Gäste, den Malscher Bürgermeister Werner Knopf zur Schlüsselübergabe. Dieser räumte denn auch ein, leichten Herzens auf das Regieren im Rathaus – zumindest bis zum Aschermittwoch – verzichten zu können. „Bereits ein Vorgeschmack auf Künftiges“, meinte Knopf, geht er doch Ende des Jahres in den Ruhestand.
Das Prinzenpaar, Stephanie I. und Harald I., absolvierten charmant ihre Regierungserklärung und wurden musikalisch seitens der Letzenbergstare gehuldigt. Dann hieß es „Bütt frei“ für Fabian Koch, der bereits im Vorjahr als Zwölfjähriger sein Debut in dem Weinfass gab und auch diesmal unaufgeregt und mit einem unüberhörbaren Schalk im Nacken über das Thema „Die Jugend an die Macht“ plauderte. Köstlich sein Nachhilfeunterricht in Sachen Sprache der Heranwachsenden. Ein mit großer Leibesfülle ausgestatteter Zeitgenosse wird als „Pommespanzer“ bezeichnet, die nach ganzjähriger Bräune strebende Damenwelt und die dazu notwendigen Gerätschaften nannte er „Tussistrahler“ und die altehrwürdige Disco wurde flugs in „Zappelbunker“ umgetauft.
Dieter Renninger, in keiner Situation um einen flotten Spruch verlegen, leitete mit der Binsenweisheit „Wer im Frühjahr einen hebt, hat den Winter überlebt“ über zu den Darbietungen der Prinzengarde, die unter Leitung der Trainerin Nina Kernberger Schmissiges auf die Bühne zauberten. Mit Energiefragen beschäftigte sich der Protokoller Klaus Adler. „Ich mach keinen Rückblick, das kennt ihr alles schon“, begann er seinen Starkstrom-Vortrag. Unter dem Motto „Geld oder kalt“ nahm er die ständig ansteigenden Kosten aufs Korn, stellte Überlegungen zur Möbelverbrennung zwecks Einsparungen im heimischen Domizil an und meinte lapidar: „Die Heizölrechnung ist in der heutigen Zeit der nicht mehr realisierbare Urlaub“. Und mit dem Spruch „Statt den Tiger nunmehr das Sparschwein im Tank“ endete er, versäumte es aber auch nicht, dem deutschen Bierkartell eins auszuwischen. Man möge doch, angesichts der Absprachen, doch lieber beim heimischen Rabensaft bleiben. Und dieser wurde vom fleißigen Team an die Tische geliefert, zudem gab es Essbares und in einer Ecke in der Letzenberghalle war auch eine kleine Kommunikationsbar aufgebaut.
Nach dem wirbelnden Mädchenballett hielt Anneliese Beigel Einzug, berichtete aus ihrem Alltag als Mitarbeiterin der Sozialstation und konnte sich einen Seitenhieb auf das „Kunstwerk“ im Schatten des Rathauses nicht verkneifen und meinte augenzwinkernd: „Da hat sich wohl jemand ein Denkmal gesetzt“. Ihr trotziger Blick richtete sich dabei, natürlich eher zufällig, auf die erste Reihe in der Halle. Dort hatte Bürgermeister Werner Knopf Platz genommen. Ein Schelm, der Böses dabei denkt . . .
Noch vor der Pause begeisterten die Guggemusiker „Bärämaddl“ aus Kronau mit einem farbenfrohen und lautstarken Auftritt, der die Besucher begeisterte.
Einer der Höhepunkte dann der zweite Auftritt der Letzenbergstare. Sie entführten die närrischen Gäste in himmlische Gefilde und traten unter anderem als singende Astronauten auf. Tolle Choreografie, verbunden mit einem fantasievollem Bühnenbild und witzigen Texten brachten die Stare den Saal in Hochstimmung. Und auch sie kamen, wie auch alle anderen Teilnehmer an der Prunksitzung, um eine Zugabe nicht herum.
Mit Zitaten, gesammelt rund um das Dauerbrenner-Thema „Männlein und Weiblein“, gab es für Ulrike Ehrenberger nicht nur Lacher, sondern auch zustimmendes Kopfnicken. Ihrem Büttenbesuch ging der fetzige Auftritt des Jugendballetts voraus, das sich unübersehbar Hawaii als Motiv ausgesucht hatte. Unverzichtbar und mutig dargeboten folgte das Männerballett. Diesmal drehten sich die anmutigen Bewegungen auf den Brettern um das Thema „Cheerleader“. Noch vor dem Showballett, das Zirkusatmosphäre in den Saal brachte, hatte Dr. Matthias Melich als süffisanter Betrachter der politischen Gegebenheiten die Gelegenheit, mit scharfer Zunge und hintergründigem Humor so einiges auf die Schippe zu nehmen.
Unter dem Deckmantel eines „Pizzamannes“ sprach er über das „Wanzleramt“ in Berlin,informierte über den Leitgedanken der NSA („Bei uns sind ihre Geheimnisse gut aufgehoben“) und gab dem bayrischen Spruch „Ozapft is“ eine völlig neue Bedeutung. Dieter Renninger blieb es dann vorbehalten, als grummelnder Feuerwehrmann kurz vor Mitternacht zu verkünden „Wir lassen nichts anbrennen“, Zudem verteilte er so manchen Seitenhieb in Richtung Nachbargemeinde Malschenberg und freute sich über die „Bombenstimmung“ im Saale.
Mit einem großen Finale, fetziger Musik und einem „Abgesang“ der Stare ging ein toller mit zahlreichen „Begeisterungsraketen“ versehener Abend zu Ende. Und zu späterer Stunde soll es auch wieder Bewegung in den Straßen gegeben haben.
(Bericht der RNZ entnommen)