Die Karnevalshochburg Malsch platzte am Sonntag aus allen Nähten: Um den großen Fastnachtsumzug von KaGe Blau-Rot und Heimatverein zu sehen, waren mehr als 20 000 Gäste angereist und drängten sich entlang der Hauptstraße. Und der spektakuläre Narrenwurm, der vor ausgefallenen Ideen barst, füllte die Straße vollständig aus. Die Sonne brach rechtzeitig hervor und spendete sehnlichst erwartete Wärme. Die Zuschauermenge konnte es an bunter Vielfalt fast mit dem Umzug aufnehmen.
Voran fuhren die Wieslocher Weinhoheiten, Vanessa I., Daniela und Susan, in einem eleganten Cabriolet aus den dreißiger Jahren. Wie auch die nachfolgenden Gruppen verteilten sie großzügig Kamellen. Mit fetziger Musik heizten der Musikzug KC Nußloch, der Musikverein Rettigheim, die „Dambacher Galgeveggl“, die Trachtenkapelle Malschenberg, die „Kerrlocher Schalmeie“, die „Altlossema Rhoigeischda“ und der Musikverein Malsch dem Publikum ein. Als „Frau Antjes“ aus Holland war die Altweibergarde Rot dabei. Schaurige Masken, hinter denen liebe Leute steckten, sah man bei den „Hexen vum Grobrunn“ aus Nußloch und den „Ofdascha Buzzel-Hexen“ aus Oftersheim. Und auch von den anderen Umzugsgruppen wurden die Zuschauer verzaubert. Die „Leimbachstelzen“ aus Oftersheim nahmen die Tagespolitik aufs Korn: Verkleidet als Frösche klagten sie, mit Rente und Hartz IV „kann man keine großen Sprünge machen“.
Dem Märchen „Rapunzel“ widmeten sich die Malscher Vogelfreunde mit ihrem Umzugswagen, auf dem ein meterhoher Bergfried stand. Und weil die Rapunzeln nette Kerle waren, warfen sie jede Menge Süßigkeiten unters Volk. Todschicke Handtaschen hatten die „Elwedritsche“ an und vollführten einen dramatischen Laufsteg-Walk. Mit Schwung wand sich der gut 25 Meter lange „Gaudi-Wurm“ der „Mälscher Buwe“ durch die Straße. Keine Gefahr für „Rhoigeischda“ oder andere übernatürliche Wesen stellten die „Ghostbusters“ der Malscher Pfarrjugend dar. Sie tanzten in authentischer Montur gemeinsam mit „Weißen Frauen“ und Gespenstern, auf ihrem Wagen hatten sie den „Marshmallow Man“.
Rhythmischen Line Dance zeigte der Kraftsportverein Malsch, der mit seinem Planwagen gen Westen zog. Live spielte eine fünfköpfige Band unter anderem den Country-Hit „My achy breaky heart“. Eiskalt gaben sich die „Golden Girls“ als Schneeflocken. Die „Rumpsteaks“ erfüllten eine Männerfantasie, indem sie den „ersten Malscher Swinger-Club“ mit kleinem „Separee“ ins Leben riefen. Als süße Weintrauben waren die „Mälscher Feger“ mit der „Spätlese“ dabei und Grund zum Feiern hatten die „Mewieschene“ aus Malsch in der Rolle weintrunkener Griechen, die sich artig für die geschenkten Euromilliarden bedankten – auch hier also ein politischer Seitenhieb. Mitten im närrischen Treiben kippte ein Clown plötzlich um. Tot? Nein, sondern ein verwickeltes Komplott, dem die „Sherlock Clowns“ der „Clowns Junioren“ auf die Spur kamen.
Das Musical „König der Löwen“ war Vorbild für die Show der Flugsportgemeinschaft Letzenberg, deren Mitglieder prächtige Kostüme trugen. Auch Warzenschweine, Zebras und Giraffen begleiteten den Wagen, auf dem das Löwenbaby präsentiert wurde. Süß, aber „nicht zum Vernaschen“ waren die Fliegenpilze des „Dream Teams“ vom TSV Malsch. Ein großes Raumschiff, auf das der Planet Erde gemalt worden war, hatte die „Scheißhaffebar“ konstruiert. In grellorangenen Raumanzügen baumelten die Astronauten daran, auf und nieder, wie Hampelmänner. Klar, ihr Motto lautete „völlig losgelöst“ und das jubelnde Publikum sang Peter Schillings „Major Tom“ natürlich mit. In zauberhafte Blüten gekleidet gaukelten die „Tornschlebblin“ vorbei und schon marschierten die „Könige von Mallorca“ heran mit ihrer riesigen Burg. Von Palmen umringt machte es sich darin die Gruppe „No Name“ bequem.
Eine gigantische Voodoo-Puppe, von Nadeln gespickt, thronte auf dem Wagen der „Klabuschdabärlin“. Rauch stieg daraus hervor und die Priester und Hexen dieses Kults schwärmten aus, um Leckereien zu verschenken. Das Heck des Wagens bildete ein grässlicher Totenschädel. Häschen hüpften um den Playboy-Wagen der „Hodenkobolde“ herum, auf dem „Hugh Hefner“ fläzte. Masken wie vom Karneval in Venedig trugen die „Schlupfdrossle“ der Gruppe „Willy Poser“. Die „Hawaii Bar“ präsentierte sich auf der haushohen Brücke eines Ozeandampfers. Die „Hawaiian Dream“ ließ ein ohrenbetäubendes Nebelhorn ertönen. Vorneweg fuhren ein kleineres Beiboot und ein Wagen mit dem detailgetreuen Modell der Freiheitsstatue. Den Musical-Song „Ich war noch niemals in New York“ kannten alle Zuschauer freilich gut.
An den erfolgreichen ersten Mälscher Weihnachtsmarkt im vergangenen Jahr erinnerten die „Vielharmonischen“ mit ihren Kostümen, hübsch geschmückten Christbäumen. Den kolossalen Kopf des „verrückten Hutmachers“ hatten die „Brosome“ und der Letzenberg-Tierpark auf ihrem Wagen. Der Tim-Burton-Film „Alice im Wunderland“ war ihre Inspiration, an einer festlich gedeckten Tafel feierten Alice selbst und die Rote Königin. Ein aufgeblasener „Uncle Sam“ schwebte über dem Wagen der „Grauen Zone“, die sich den Charterfolg „I need a Dollar“ von Aloe Blacc ausgesucht hatte, um auf die allgemeine Finanznot hinzuweisen (das Geld hatten ja die Griechen einige Wagen vor ihnen).
Über die vergangenen 20 Jahre hinweg stellten sie zehn Karnevalsprinzen, darauf wiesen die Tänzer vom Malscher Männerballett stolz hin. Einen überdimensionalen goldenen Thron hatten sie gestaltet, auf dem ein rund fünf Meter hoher „Prinz“ mit Zepter saß, den man sogar drehen konnte. Auf seinem Schoß saß eine Schönheit aus den Reihen des Männerballetts und winkte dem Volk huldvoll zu.
Die sorgfältig konstruierte „Narrenburg“ der KaGe Blau-Rot, auf den Zinnen der Elferrat, bildete den Abschluss des Umzugs. Das närrische Treiben ging in der Letzenberghalle weiter.
(aus der RNZ entnommen, Lerche)