Unser Vereinsheim - die "Narrhalla"

Seit 2009 darf sich die KaGe Blau-Rot Malsch glücklich schätzen, ein eigenes Vereinsheim in der Friedhofstraße zu besitzen: die "Narrhalla".

 

Aus dem früheren Feuerwehrhaus und Salzlager der Gemeinde wurde nicht nur der Unterstellplatz des Prinzenwagens, sondern es entstand dank unseres Narrhalla-Hausmeisters und Ehrensenators Klaus Adler ein kleines Museum über die Fastnacht in Malsch.

 

Die KaGe hat die Narrhalla in zahlreichen ehrenamtlichen Stunden vollständig renoviert. Einen Bericht sowie Bilder zu den vielfältigen Arbeiten an der Narrhalla sind hier zu sehen: Außenrenovation 2016



Die Geschichte der Narrhalla - der Wandel vom Spritzenhaus zur Narrhalla

Drei auffallende Gebäude weckten früher das Interesse der jüngeren Schulbuben, die nach dem Unterricht ihren Weg nach Hause gerne über die Friedhofstraße nahmen. Da stand am Fischweiher ein viereckiges hoch aufragendes Gebäude, worin es tags und nachts laut summte: die Transformationen-Station des "Badenwerks", Stromübermittlerin für die Orts- und Straßenbeleuchtung.

Das von der Wohnbebauung entlang der Friedhofstraße stark abstechende Gebäude gegenüber der Kinderschulstraße gehörte der Gemeinde: der Farrenstall. Scheune, Stall und Brunnen dienten als Unterkunft der für die Rinderzucht nötigen "Vatertiere". Mit der Entwicklung des Dorfes zur "Arbeiterwohngemeinde" vollzog sich in den landwirtschaftlichen Betrieben die Aufgabe der Großtierhaltung und die Umstellung auf den Weinbau. Die Bullenhaltung wurde, beschleunigt durch die Einführung der "künstlichen Besamung", rasch unnötig: wenig später geschah der Abriss von Stall und Scheune.

 

Zum damaligen Gebäude-Komplex am Knotenpunkt Friedhof-, Kinderschul-, und Gartenstraße zählte das angrenzende "Spritzenhaus", ebenfalls Eigentum der Gemeinde. Seine Verwendung und Nutzung orientierte sich am zeitlichen Raumbedarf - und dieser änderte sich öfters. Sein Vorgänger, vermutlich ein hölzerner Geräteschuppen, soll um 1907 errichtet worden sein und war Abstellplatz für das vorhandene Gerät wie Ledereimer, Schläuche, Äxte, Pickel, Schaufeln, das zum Teil noch aus der Zeit vor 1900 stammte. Ihren Stammplatz hatte dort die 1913 erworbene, auf einen Vierradrahmen gesetzte Feuerwehrpumpe, darunter eine Wasserwanne mit zwei gegenüberliegenden Griffstangen zur Viermannbedienung. Die Feuerwehrmänner mussten die Spritze und einen mit Schläuchen beladenen Handwagen selbst zum Brandort ziehen, da für die Beschaffung eines Traktors meist die Zeit fehlte.

 

Ständiger Standort war dort auch der um 1900 von der Gemeinde erworbene, von Pferden gezogene Leichenwagen bis zum Bau der Friedhofskapelle 1970/71. In den Nachkriegsjahren erfasste und sortierte die Obstbaugenossenschaft in der Halle ihre Apfelernte, die Beerenobst-Anbauer ihre Erzeugnisse und brachten die einheitlich gewichteten und etikettierten Gebinde zum Großmarkt nach Heidelberg zur Versteigerung.

 

In den Jahren 1919-21 erfolgte die erste Erneuerung und Erweiterung des Spritzenhauses. Die meisten Landwirte bauten damals 10-20 ha Tabak an, um ihre Einkünfte zu verbessern. Je nach Bonität konnten für einen Zentner Tabak 28-32 Reichsmark erzielt werden. Von der landwirtschaftlich genutzten Fläche (340,22 ha) nahm Tabak 1938 = 12,21 ha, 1953 = 2,98 ha in Anspruch. Am Ort beschäftigten drei Zigarrenfabriken und einige kleinere Betriebe weit über 300 Arbeitskräfte, zumeist Frauen, mit der Zigarrenherstellung. Der zur Herbstzeit gebrochene Tabak wurde auf Tabaksgarn gefädelt (bandeliert), zum Trocknen aufgehängt, ab Dezember/Januar in Bündel gebunden zum Verkauf gebracht. Einwaage, Zwischenlager und Verkauf/Versteigerung erfolgten am Ort und musste im Trockenen geschehen, um Gewichtsveränderungen zu vermeiden. Abgewickelt wurden diese Geschäfte im Spritzenhaus.

Beim Umbau richtete der Bauherr das Gebäude für den genannten Zweck ein, versahen es außen mit einem Dachvorsprung, innen mit einem Büroraum. Da die Gemeinderechnungen dieser Jahre keinerlei Ausgaben für diese Baumaßnahmen ausweisen, liegt die Vermutung nahe, dass der von ca. 50 Tabakpflanzern gegründete Tabakbauverein Initiator und Zahlmeister des Umbaus war. Bauherr 1941/42 durch Zimmermeister Franz Knörr aus Rauenberg am Oberen Jagdweg errichtete Tabakschuppen war ebenfalls der Tabakbauverein.

 

Zurück zum Spritzenhaus. Anno 1934 wurde die "Freiwillige Feuerwehr Malsch" gegründet. Doch erst 1943/44, als fast jede Nacht amerikanische und englische Flugzeuge Malsch überflogen und ihre Bombenlast über süddeutschen Städtnen abwarfen, kaufte die Gemeinde eine Motorfeuerwehrspritze und ließ diese auf einem Leiterwagen montieren. Ab Depot mussten die Feuerwehrleute den Wagen und den Schlauchkarren wie bislang zur Brandstelle ziehen. Die Nutzlosigkeit des sehr bescheidenen Gerätes bei einem größeren Feuer wurde beim Brand der Pfarrkirche St. Juliana am 22./23. Juni 1972 deutlich. Knapp ein Jahr danach, am 12. Juli 1973, genehmigte der Gemeinderat 60.000 DM zur Anschaffung eines Motorlöschfahrzeugs. Das sofort bestellte LF8 - ein komplettes Löschgruppenfahrzeug mit 9 Sitzplätzen, Marke Opel - Blitz, holte die Feuerwehr 1974 beim Hersteller Ziegler in Gingen/Brenz ab.

 

1974/75 erfolgte der nächste Umbau: Die Renovierung zum zweckmäßigen Feuerwehrhaus, Kosten 92.000 DM. Fahrzeug, Schlauchwagen und Hilfsgerät standen endlich geordnet und jederzeit einsatzbereit im eigenen Domizil. Die Zuordnung neuer Aufgaben (Hilfe bei Straßen- und Ölunfällen u.Ä.) bewogen die Gemeinde 1993 zum Neubau eines modernst ausgestatteten Feuerwehrhauses am Unteren Jagedweg, Kosten 1,8 Mio. DM. Es bot Platz für das LF (1983), das neu erwaorbene Löschgruppenfahrzeug LF8/6 (1996) und mehrere nacheinander angeschaffte Spezialfahrzeuge, dazu kam zahlreiches feuertechnisches Gerät wie Spreizer, Motorsägen, Kübelspritzen, Handfeuerlöscher u.a.m. Die Einweihung geschah am 27. Mai 1994.

 

Frei vom Feuerwehrinventar nutzte die Gemeinde das Spritzenhaus bis zur Fertigstellung des neuen Gemeindebauhofes am Unteren Jagdweg als Streusalzlager und Garage für das Streugerät.

 

Es nahte die Glücksstunde für die Karnevalsgesellschaft Blau-Rot Malsch 1952 e.V.: Für den Transport der einstigen "Narrenburg" beim alljährlichen Fastnachtsumzug lieh Elferrat Heinz Burkart den Tieflader seines Bauunternehmens aus. Der Abbau nach dem Umzug war logische Folge. Nach dem Bau eines dauerhaften Prinzenwagens stand der Verein vor neuen Problemen: Die Unterbringung an diversen Standorten war allesamt unbefriedigend. Schließlich willigte Schreinermeister Leo Knab (heute Ehrensenator) für den Unterstand an seiner Werkstätte ein und gewährte dem Verein 20 Jahre kostenfreie Unterbringung.

 

Als 2007 der Fuhrunternehmer Klaus Rachel der KaGe einen ausrangierten LKW-Anhänger spendete, war klar, dass für den neuen Prinzenwagen aufgrund der angestrebten Ausmaße eine neue Unterstellmöglichkeit erforderlich würde. Da bot sich das Spritzenhaus geradezu an. Kurz vor Weihnachten 2008 bekam der Verein die Schlüsselgewalt über dieses Gebäude und brachte den Anhänger dort unter.

 

Mit vereinten Kräften ging man an dessen Instandsetzung und die Neugestaltung der Wagenburg, Sitz des Prinzenpaares und Arbeitsplatz von Elferrat und Prinzengarde beim Fastnachtsumzug. Die Montage verschlang ca. 40 m Vierkantrohr, 15 Kubikmeter Bretter und Balken, 2000 Schrauben und literweise Farbe. Die Akteuere leisteten rund 500 Arbeitsstuhden. Mit stolzen Gesichtern standen Präsident, Prinzenpaar und Gefolge beim Umzug 2009 auf ihrer neuesten Errungenschaft.

 

Im Frühsommer des Jahres 2011 begann die KaGe, die Räumlichkeiten des Spritzenhauses nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Insbesondere den Ehrensenatoren Klaus Adler und Manfred Ritzal war es letztendlich zu verdanken, dass schon im Juli das erste Helferfest in den "eigenen 4 Wänden" durchgeführt werden konnte.

 

Doch dem nicht genug! Kage-Hausmeister Adler wollte jetzt auch das oft zitierte "ehrende Andenken" verwirklicht haben. Es gelang ihm tatsächlich, sämtliche von der KaGe seit 1952 vergebenen Orden einschließlich des 1956 verwendeten Papierordens zusammenzutragen. Dazu bereits 16 der vielen ausgegebenen Ehrenteller verdienter Fastnachter. Zwischenzeitlich hatte Horst Hill die Rahmenkonstruktion für die Prinzenpaar-Bilder gefertigt. Als kleines "Dankeschön" lud der Verein die Spender zu einem "Kaffeekränzchen rund um den Prinzenwagen" ein. Nun konnte man bestaunen, was die Fastnachter ausnahmslos durch Eigenleistung aus dem "alten Spritzenhaus gemacht haben":

 

An den Wänden um die mitten im Haus platzierte "Prinzenchaise" hängen wie an einer Galerie als ständige Ausstellung sämtliche gesammelten Requisiten: Orden, Ehrenteller, Elferratsketten, die Portraits aller Prinzenpaare sowie viele Fotos und andere Utensilien, alles der KaGe wertvolle Kultgegenstände, wie Präsident Konrad Becker bei der Begrüßung der Getreuen sagte.

 

Schließlich blieb noch genügend Raum für die gelegentliche Umwandlung zum bestuhlten Treffpunkt oder Café einschließlich Küche, was dem Haus letztlich die Eigenschaften eines Vereinsheimes verschaffte, worauf die ständig aktiven Malscher Fastnachter schon lange Zeit hinarbeiteten.

 

Klaus Adler initierte und organisierte zugleich die Gravur einer Gedenktafel mit dem Titel: "Das Malscher Spritzenhaus im Wandel der Zeit" zur Würdigung der bewegten Vitae des historischen Gebäuides. Das von Ludwig Schäffner geschaffene "Memorandum" ziert nun die Fassade des Vereinsheims. Sein Text lautet:

 

Das Mälscher Spritzenaus im Wandel der Zeit

1907 (?)     Errichtung eines Feuerwehr- Geräteschuppens (Spritzenhaus)

1919-21     Erneuerung des "Spritzenhauses" und Gebäude-Erweiterung für die alljährliche Tabak-Einwaage

1974/75     Renovierung zum zweckmäßigen Feuerwehrhaus und Depot für die erste Malscher Motorfeuerwehrspritze                   und das neue Feuerwehrauto LF8

1993/94     Nutzung als Salzlager und Garage für das Streugerät der Gemeinde

Dez. 2008  Garage für den Prinzenwagen der KaGe Blau-Rot Malsch

Juli 2011    Renovierung zum Vereinsheim der KaGe Blau-Rot

 

Text von Dionys Wipfler (Bürgermeister i.R.)